Der alte Einheitswert wird zum neuen Grundsteuerwert
Im Kern wird durch die Grundsteuerreform die Berechnungsgrundlage der Grundsteuer reformiert, indem der bislang ermittelte Einheitswert abgelöst und durch einen neu berechneten Grundsteuerwert ersetzt wird. Beide Begriffe und die damit einhergehenden Veränderungen im Verfahren werden nachfolgend erläutert.
Als Eigentümer/in eines bebauten oder unbebauten Grundstücks sind Sie mit der neuen Grundsteuerreform verpflichtet, eine Grundsteuererklärung abzugeben.
Der Einheitswert ist ein rein steuerrechtlicher Wertmaßstab, der zur Bewertung von Grundvermögen im Rahmen bestimmter Besteuerungsverfahren Anwendung findet. Die größte Relevanz hat dieser Bewertungsmaßstab derzeit noch - also vor Umsetzung der Grundsteuerreform - bei der Festsetzung der Grundsteuer, bei der der Einheitswert die Ausgangsgröße zur Berechnung der Steuer bildet. Der Einheitswert wird auf den 1.1. eines Jahres vom Finanzamt festgesetzt. Die Festsetzung erfolgt mittels Einheitswertbescheid und basiert üblicherweise auf einer entsprechenden Erklärung des Immobilieneigentümers. Der Wert bleibt grundsätzlich unverändert solange keine wesentliche Wertänderung oder Entstehung einer neuen zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit eintritt. Es kommt dann zu sogenannten Fortschreibungen des Einheitswerts. Kommt es also zu keinen nennenswerten Änderungen an dem konkreten Grundvermögen, so wird man als Immobilienbesitzer einmal zur Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts aufgefordert worden sein und hat im Anschluss einmal einen Bescheid zur Feststellung des Einheitswerts erhalten.
Die tatsächliche Grundsteuer berechnet sich dann wie folgt. Zunächst wird der Einheitswert mit einer gesetzlich festgelegten Steuermesszahl multipliziert, welche je nach Art und Lage des Grundstücks zwischen 2,6 und 3,5 Tausendstel variiert. Der daraus resultierende Grundsteuermessbetrag wird ebenfalls vom Finanzamt mittels Bescheid festgesetzt und auch der lokalen Gemeinde, in der das Grundvermögen belegen ist, mitgeteilt. Die Gemeinde wendet dann einen von ihr festgelegten Hebesatz auf den Messbetrag an und bestimmt so die zu zahlende Grundsteuer, welche dann ebenfalls mittels Bescheid, diesmal jedoch von der Gemeinde erlassen, festgesetzt und dem Eigentümer bekannt gegeben wird.
Der Einheitswert von bebauten Grundstücken wird je nach Art der Immobilie mittels eines Ertragswert- oder Sachwertverfahrens ermittelt. Für ein unbebautes Grundstück hingegen ergibt sich der Einheitswert aus dem Bodenwert. Solche Verfahren wären zwar grundsätzlich auch geeignet einen realistischen Wert für eine Immobilie zu bestimmen, jedoch spiegelt der Einheitswert in seiner derzeitigen Form keineswegs tatsächliche Wertverhältnisse wieder. Denn einzelne Wertfaktoren in diesen Verfahren wie z.B. Bodenwerte, Jahresrohmieten oder durchschnittliche Herstellungskosten basieren auf Wertverhältnissen der Jahre 1964 oder gar 1935 (bei Immobilien in den neuen Bundesländern).
Das mit derart veralteten Wertverhältnissen gearbeitet wurde und es somit zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen und Wertverzerrungen bei der Erhebung der Grundsteuer kam, war ein wesentlicher Grund dafür, dass das Bundesverfassungsgericht das bisherige Verfahren mit der Einheitsbewertung für nicht verfassungskonform befunden und die Grundsteuerreform angestoßen hat. Der Gesetzgeber war daher aufgefordert innerhalb einer vom Verfassungsgericht gesetzten Frist eine Neuregelung zu schaffen.
Die vom Bund gestaltete Neuregelung hat nunmehr das bestehende Besteuerungsverfahren konzeptionell und systematisch in wesentlichen Teilen beibehalten. Das heißt vor allem der mehrstufige Aufbau mit der Feststellung von Basiswerten zur Ermittlung eines Messbetrags, welcher dann die Grundlage für die von der Gemeinde festzusetzende Grundsteuer durch Anwendung eines Hebesatzes bildet, wird im Zuge der Reform nicht geändert. Die wesentliche Änderung besteht bei der Ermittlung dieses oben genannten Basiswerts, bei dem es sich bislang um den Einheitswert handelte und welcher künftig durch den sogenannten Grundsteuerwert ersetzt werden wird.
Der Grundsteuerwert löst im Zuge der Grundsteuerreform den Einheitswert ab. Wie dieser, bildet der Grundsteuerwert einen wesentlichen Wertmaßstab zur Ermittlung und Festsetzung der Grundsteuer und ist somit ein rein steuerrechtlicher Begriff. Im Unterschied zu dem Einheitswert ist der Grundsteuerwert zunächst nur relevant für die Grundsteuer und keine andere Steuerart. Ob der Grundsteuerwert auch andere Funktionen des Einheitswerts übernimmt (z.B. als Rechengröße für eine Kürzungsvorschrift im Rahmen der Gewerbesteuer) bleibt abzuwarten. Geregelt ist die Ermittlung von Grundsteuerwerten im Bewertungsgesetz. Der Grundsteuerwert ist erstmalig im Rahmen einer Hauptfeststellung auf den Stichtag 1.1.2022 flächendeckend neu zu ermitteln und soll dann regelmäßig alle sieben Jahre erneut bestimmt werden (Zeitplan ansehen). Kommt es zwischenzeitlich zu Änderungen an dem Grundvermögen, die eine Neubewertung erforderlich machen, so ist auch abweichend von der Hauptfeststellung ein Grundsteuerwert neu festzustellen. Für die Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 ist es erforderlich, dass bestimmte Daten zum Grundvermögen durch Abgabe einer Erklärung beim Finanzamt vom Eigentümer erhoben werden und darauf basierend der Grundsteuerwert vom Finanzamt ermittelt und festgestellt wird. Wer ist betroffen?
Wie bereits beim Einheitswert kommen auch zur Berechnung des Grundsteuerwerts unterschiedliche Bewertungsverfahren zum Einsatz je nach Art des Grundvermögens. Dabei handelt es sich um das Ertragswertverfahren, welches vorrangig bei zu Wohnzwecken genutzten bebauten Grundstücken zum Einsatz kommt. Für bebaute Grundstücke, die zu anderen Zwecken verwendet werden (z.B. Gewerbeimmobilien), ist das Sachwertverfahren anzuwenden. Für ein unbebautes Grundstück ist nach wie vor der Bodenwert die relevante Größe für den Grundsteuerwert. Bei land- und forstwirtschaftlichen Flächen gibt es hingegen eigene Bewertungsverfahren.
Die zur Anwendung kommenden Bewertungsverfahren sind somit auch schon aus der Einheitsbewertung bekannt. Der wesentliche Unterschied ist daher bei den einzelnen Wertfaktoren zu sehen. Der Gesetzgeber will zum Einen sicherstellen, dass aktuellen Wertverhältnissen Rechnung getragen wird und die völlig veralteten Einheitswerte dahingehend adäquat ersetzt werden, gleichzeitig will er durch typisierende und vereinfachte Bewertungsverfahren einen zu großen Aufwand vermeiden, wie er sich bei einer tatsächlichen Verkehrswertermittlung für Grundvermögen ergeben würde. So kann ein Immobilieneigentümer auch nicht eigene vorhandene Wertbestimmungen des Objekts (z.B. erstellte Wertgutachten) für das Besteuerungsverfahren heranziehen - auch sein Grundvermögen wird also nach diesem Verfahren neu bewertet. Die Vereinfachung und Typisierung zeigt sich z.B. darin, dass für die Ermittlung des Ertragswerts einer zu Wohnzwecken genutzten Immobilie nicht eine individuell vereinbare Miete bzw. eine ortsübliche Vergleichsmiete zur Ermittlung der erzielbaren Erträge herangezogen wird, sondern es kommen festgelegte Nettokaltmieten abgeleitet aus statistischen Werten zur Anwendung. So sind abhängig von dem Bundesland und der Wohnungsgröße (unterteilt in drei Größenklassen) Nettokaltmieten pro m² vom Gesetzgeber auf den Bewertungsstichtag 1.1.2022 bestimmt worden, welche in Abhängigkeit von der Lage des Grundstücks noch einmal mittels Zu- oder Abschlag angepasst werden können. Neben der Fläche und dem Standort sind Alter und Typ des Gebäudes für weitere Rechenschritte wesentlich. Danach bestimmen sich relevante Rechengrößen wie z.B. auf den Reinertrag anzuwendende Vervielfältiger, die ebenso vom Gesetzgeber bestimmt worden sind und umfangreichen tabellarischen Anlagen zum Bewertungsgesetz entnommen werden können. Zwecks Vereinfachung in diesem Massenbewertungsverfahren finden insbesondere auch individuelle objektspezifische Merkmale und Besonderheiten keine Berücksichtigung.
Eine weitere wichtige Bewertungskomponente ist der Bodenwert. Bei unbebauten Grundstücken ist dies sogar der einzig relevante Wert, aber auch bei bebauten Grundstücken ist ein Bodenwert zu bestimmen. Der Bodenwert wird bestimmt vom Bodenrichtwert und der tatsächlichen Grundstücksfläche.
Wie bereits beschrieben wird der Grundsteuerwert am Ende vom Finanzamt gesondert festgestellt und der Eigentümer des Grundvermögens erhält einen entsprechenden Bescheid. Der Grundsteuerwert wird dann im nächsten Schritt mit der Steuermesszahl multipliziert und ergibt so den Grundsteuermessbetrag, welcher auch wie bisher vom Finanzamt festgesetzt wird und die Grundlage für die tatsächliche Grundsteuer bildet, die unverändert von der Gemeinde festgesetzt und erhoben werden wird. Die Steuermesszahl sinkt jedoch von zuvor 2,6-3,5 Promille nach bisherigem Verfahren auf einheitlich 0,34 Promille nach der Reform. Zusätzlich sind Ermäßigungen der Steuermesszahl um 25% für bestimmte geförderte Wohngrundstücke vorgesehen.
Die Verringerung um ca. den Faktor 10 ist erforderlich, da die Grundsteuerwerte im Vergleich zu den Einheitswerten wesentlich höher liegen werden, das Grundsteueraufkommen im Zuge der Reform jedoch annähernd gleich bleiben soll. Neben der Anpassung der Messzahl ist vor allem mit einer Anpassung der individuellen Hebesätze der Gemeinden zu rechnen, um dem Aufruf nachzukommen, dass das Grundsteueraufkommen durch die Reform nicht allgemein erhöht werden soll.
Der hier erläuterte Grundsteuerwert ist ein Kernstück der Grundsteuerreform nach dem Bundesgesetz. Auf Drängen der Bundesländer hin ist jedoch eine Öffnungsklausel in das Gesetz mit aufgenommen worden, wonach Bundesländer eigene reformierte Grundsteuermodelle beschließen können. Bei einigen dieser Ländermodelle spielt der Grundsteuerwert keine Rolle und die Berechnungsmethoden sind teilweise signifikant unterschiedlich zum Bundesmodell.
Die Erhebung der Grundsteuer muss reformiert werden, da die derzeit noch geltenden Regelungen auf zu alte Wertverhältnisse zurückgreift und dies verfassungswidrig ist, wie es das Bundesverfassungsgericht 2018 in einer Entscheidung feststellte. Aus diesem Grund ist die flächendeckende Neubewertung aller Grundstücke für die Berechnung der Grundsteuer erforderlich.
Die Grundsteuererklärung kann ausschließlich auf elektronischem Wege nach dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz abgegeben werden.
Eine Abgabe in Papierform ist ausschließlich auf Antrag und nur in absoluten Ausnahmefällen möglich.
Ein Bodenrichtwert ist der durchschnittliche Bodenwert für bestimmte Zonen innerhalb eines Gemeindegebiets, die im Wesentlichen gleiche Lage- und Nutzbarkeitsmerkmale aufweisen.
Dieser Wert ist eine relevante Größe für die Neuberechnung der Grundsteuer und ist daher in der Steuererklärung auch anzugeben.
Bodenrichtwerte können kostenfrei auf Internetportalen wie z.B. BORIS-D abgerufen werden.